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KatFreSch
02/2011
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Waldstetten | 30 Jahre Franz-von-
Assisi-Schule. Das heißt mit Dank
zurückzublicken auf die Menschen, die
die Schule damals erst möglich mach-
ten: Die Gemeinde Waldstetten, die
Franziskanerinnen von Sießen und
der heutige Schulträger, die Stiftung
KatholischeFreieSchuleinRottenburg.
Junge Menschen auf der Grundlage des
christlichenMenschenbildes zu befähi-
gen, ihr eigenes und das gesellschaft-
liche Leben zu gestalten, personale,
religiöse und soziale Bildung – dies
sind die Ziele der Katholischen Freien
Schulen gestern und heute. Schulent-
wicklung ist dabei nicht einfach nur
Wesensmerkmal, sondern Daseinsbe-
rechtigung. Bewegung, Dynamik und
Aufbruch sind hier wesentlicher Motor
für Schulleitung und Kollegium.
Wir sehen uns als Katholische Schule
der Christlichen Anthropologie ver-
pflichtet und verstehen uns als pädago-
gisch gestalteten Lern- und Lebensraum,
in dem Kinder und Jugendliche wertbil-
dende Erfahrungen machen. Schule als
Lern- und Lebensort zu gestalten und
das Kind ganzheitlich, in allen Dimensi-
onen menschlicher Existenz anzuspre-
chen, nämlich in Leib, Geist und Seele,
stand für uns programmatisch als Über-
schrift auch über der Entwicklung des
Ganztagsbereichs. Dazu gehören natür-
lich zum einen geeignete Räume, in
denen sich alle Beteiligten wohlfühlen
und die durch Einrichtung und Farbge-
staltung die Atmosphäre dessen trans-
portieren, was pädagogisch gewollt ist.
Jedoch bleiben diese leer und inhaltslos
ohne die Menschen, die tagtäglich mit
und an unseren Kindern und Jugend-
lichen arbeiten. Ohne Beziehung ist
Erziehung nicht denkbar.
Seit dem Jahr 2006 machten sich Schul-
leitung, Gemeinde und Schulträger
Gedanken darum, wie die Franz-von-
Assisi-Schule vor dem Hintergrund
einer Mittagsverpflegung, der wachsen-
den Schülerschaft aus den umliegenden
Gemeinden und Orten und den Verän-
derungen von Gesellschaft und Lebens-
welt von Kindern und Jugendlichen
weiterzuentwickeln sei. Das Antrags-
verfahren für das Schulbauförderpro-
gramm des Landes erforderte ein Päda-
gogisches Konzept für die Feststellung
des Raumbedarfs und die Erstellung
eines Raumprogramms durch das Regie-
rungspräsidium. Die Finanzierung teil-
ten sich die Gemeinde Waldstetten und
die Stiftung Katholische Freie Schule mit
den Zuschüssen aus dem Landeshaus-
halt zu je einem Drittel. Bereits damals
wurden als Ziele des Pädagogischen
Konzepts Förderung (Hausaufgabenbe-
treuung), Pädagogische Freizeitaktivi-
täten, Mittagstisch mit offener Mittags-
freizeit, Rhythmisierung des Schultags
und eine Entzerrung des Unterrichts-
vormittags mit max. 5 Unterrichtsstun-
den und längeren Pausen formuliert.
Eine Arbeitsgruppe aus dem Kolle-
gium, das inzwischen zu einem Schul-
entwicklungsteam herangewachsen ist,
war mit der Aufgabe betraut, die Wei-
chen für die bauliche und konzeptio-
nelle Entwicklung für den Ganztags-
bereich zu stellen. Innerhalb von 12
Monaten ist der Neubau entstanden,
die Konzeption entwickelt und neues
Personal eingestellt worden. In der
Rückschau eine unglaubliche Leistung,
die hier von allen Beteiligten erbracht
worden ist. Ein Schuljahr haben wir
nun mit unserem neuen Gebäude im
Ganztagsbetrieb zugebracht. Das Team
um unsere Tagheimleiterin Frau Pavel
ist inzwischen auf elf Betreuungs-
kräfte angewachsen. Dies wird auch
für die Zukunft unabdingbar sein: Mit
einem hohen Anspruch an die Qualität
das eigene Profil in ein plurales Schul-
system einzubringen. Gemeinschafts-
schule, Inklusion und demografischer
Wandel sind Anfragen, die auch an uns
gestellt sind. Es gilt darauf die Antwort
zu geben, die im Sinne des Kindes und
der Grundüberzeugung von der perso-
nalen Würde des Kindes und Jugend-
lichen ist. Diese gründet sich theolo-
gisch darin, dass Gott den Menschen
als sein Ebenbild geschaffen hat. Gelin-
gen kann dies jedoch nur im Rahmen
der Erziehungsgemeinschaft, in der
Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schü-
lerinnen und Schüler, der Schulträger
sowie die nicht unterrichtenden Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter in je eige-
ner Weise und Verantwortlichkeit an
dem gemeinsamen Projekt der Bildung
und Erziehung zusammenwirken und
ihren eigenen Beitrag, auch in finanzi-
eller Hinsicht, leisten.
Ich wünsche mir, dass sich die Erfolgs-
geschichte der Franz von Assisi-Schule
auch in den kommenden Jahrzehnten
fortsetzt und bin in diesem Wunsch
optimistisch, weil wir es selbst in der
Hand haben. Gefragt ist also Bewegung,
Dynamik und Aufbruch. Entwicklung
von Organisationen und Institutionen
ereignet sich dort – und nur dort – wo
sich Menschen entwickeln.
Stefan Willbold
Schulerweiterungsbau und
30jähriges Schuljubiläum
Franz-von-Assisi-Schüler auf Pilgerfahrt
Waldstetten | Insgesamt 16 Schülerinnen und Schüler der achten bis zehnten Klassen der
Franz-von-Assisi-Schule und ihre begleitenden Lehrermachten sich auf denWeg zumPapst-
besuch nach Freiburg.
Erstes Ziel war das Kolleg St. Sebastian in Stegen, wo die Gruppe mit
mehreren hundert Jugendlichen am Franziskusfest der Sießener Franziskanerinnen teilnahm.
Die erste Begegnung mit dem Papst gab es am Nachmittag auf dem Freiburger Münsterplatz,
wo die Schüler als Ehrengäste die Ankunft des Papstes und seine Ansprache miterleben durf-
ten. Von dort ging es weiter auf das Messegelände, auf dem am Abend die Jugendvigil statt-
finden sollte. Vor allem die Atmosphäre dieser Feier, in deren Verlauf jeder Teilnehmer eine
Kerze entzündet bekam, ging vielen der Jugendlichen nahe. Besonders beeindruckend war
auch, wie sich die bunte und laute Stimmung des Vorprogramms in andächtige Stille wan-
delte und nach der Vigil in fröhlicher Ausgelassenheit weiter gefeiert wurde. Nach einer kurzen
Nachtruhe in Stegen ging es in aller Frühe zu Fuß und mit dem Zug zum Gottesdienstgelände,
auf dem mit Papst Benedikt
und weiteren 100.000 Men-
schen zusammen die Eucha-
ristie gefeiert wurde.
Eine solche Fahrt zu beschrei-
ben ist schwierig, macht jede
Teilnehmerin und jeder Teil-
nehmer doch ganz eigene
Erfahrungen und nimmt je
eigene Eindrücke mit nach
Hause. Gemeinsam war allen
jedoch die Begeisterung,
zusammen mit so vielen
Gleichgesinnten den Glauben
erleben und feiern zu kön-
nen.
Die Schülergruppe der Franz von
Assisi-Schule unter der
Petersglocke auf dem Freiburger
Gottesdienstgelände
Aus den Schulen
Heilbronn | Wir, die Kursstufe 1 am
katholischen freien Bildungszentrum
St. Kilian in Heilbronn, bekamen am
26. Mai 2011 die Möglichkeit, uns
mit dem Thema „Vertretbarkeit von
ethischen Werten in der Wirtschaft“
im Rahmen einer Diskussionsrunde
ausführlich zu beschäftigen. Dies fand
im Rahmen unseres Philosophisch
Theologischen Forums (PTF) statt.
Als Gesprächspartner hatte unsere Leh-
rerin Viola Haas Professor Dr. Michael
Schramm, der einen Lehrstuhl für Theo-
logie und Wirtschaftsethik an der Uni-
versität Hohenheim inne hat, und Kurt
Truckenmüller, ein ehemaliger Arbeit-
gebervertreter und Fertigungsleiter aus
der Textilbranche, eingeladen. Schon
schnell trat durch Impulsreferate und
praktische Beispiele zu Tage, dass Wirt-
schaft und Ethik völlig unterschiedliche
Bereiche sind, die zumindest auf den
ersten Blick nicht besonders gut zusam-
menpassen.
Die sogenannteWirtschafts- oder Unter-
nehmensethik beschäftigt sich dabei
mit dem Problem, den ökonomischen
und den ethischen Bereich zusammen-
zuführen. Man machte sich klar, dass
der Grundgedanke der Ökonomie darin
liegt, die Menschen mit Nahrung zu
versorgen, also die Grundbedürfnisse
zu befriedigen. Es wurde auch deutlich,
dass der Begriff „Wert“ ursprünglich aus
der Ökonomie stammt und seit der mit-
telhochdeutschen Zeit verwendet wird.
Werte bilden eine Basis für unser Den-
ken und Handeln. Es gilt aber festzuhal-
ten, dass ethische Probleme nicht aus-
schließlich mit ökonomischen Werten
und ökonomische Probleme nicht aus-
schließlich mit ethischen Werten zu
lösen sind. Zudem ist es oft nicht ein-
fach und offensichtlich zu entscheiden
was moralisch richtig ist. Wer ist christ-
lich gesehen der „Nächste“ im Sinne der
Nächstenliebe?
Dumpingpreise könnten
zu einem weltweiten
Ausgleich der Löhne und
Standards führen
Als Beispiel zog Prof. Schramm die
Schließung des Nokiawerks in Bochum
auf Grund von günstigeren Produkti-
onskosten in Rumänien heran. Dabei
wurde die Schließung mit den teureren
„Arbeitskosten“, also den Kosten der
Arbeiter begründet, diese haben aber
nur einen Anteil von fünf Prozent an
den Produktionskosten. Sind daher die
Arbeitsplätze für Menschen in Rumä-
nien anders zu bewerten als Arbeits-
plätze in Deutschland?
Aus ethischer Sicht könnte man die Ver-
lagerung nach Rumänien durchaus als
besser bewerten, als die Arbeitsplätze
in Deutschland zu belassen. So ist es
ja durchaus gut, wenn man solchen
ärmeren Ländern Arbeitsplätze zur Ver-
fügung stellt, damit es den Menschen
dort besser geht. Als Nebeneffekt ver-
bessert sich in diversen Ländern durch
Auslagerung das Lohnniveau. Somit
wird den Menschen geholfen, einen
besseren Lebensstandard zu erreichen.
Das Streben der Firmen nach Dumping-
preisen könnte also schon in abseh-
barer Zeit zu einem weltweiten Aus-
gleich der Löhne und Standards führen.
Unternehmen handeln häufig ethisch
korrekt, ohne dass dies deren ursprüng-
liche Absicht war. Die andere Position
„regional zu denken“ und damit die
Arbeitsplätze in Deutschland zu belas-
sen, hätte den Nachteil, dass die nach-
haltige Unterstützung der ärmeren Län-
der ausbleiben würde.
Herr Truckenmüller brachte einen wei-
teren ethischen Gesichtspunkt in die
Diskussion: die Bewertung, was Firmen
herstellen und unter welchen Bedin-
gungen produziert wird. Als ehemaliger
Fertigungsleiter ist er überzeugt, dass
höhere Lohnforderungen von Arbeitern
häufig gerechtfertigt seien, Firmen aber,
vor allem beeinflusst durch den globa-
len Wettbewerb, diesen Forderungen
nicht nachkommen können, wenn sie
ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten
wollen. Auf Grund der hohen Löhne in
Europa werden mehr Waren aus dem
Ausland importiert und die Inlands-
produktion nimmt weiter ab. Das Pro-
blem hierbei ist, dass im globalen Han-
del keine einheitlichen Regelungen
existieren, durch die der Wettbewerb
geordnet und ethische Ziele besser ver-
wirklicht werden könnten. Durch die
Abhängigkeit verschiedener Industrien
untereinander hat der Abgang einzelner
Industrien zum Teil schwere Folgen für
andere Industriezweige.
Unternehmen mit
wenigen Entscheidungs-
trägern können einfacher
nach ethischen
Grundsätzen handeln als
Aktiengesellschaften
Aktiengesellschaften haben zusätzlich
den Konflikt, den Geldgebern Gewinne
auszuschütten und gleichzeitig nach-
haltig zu wirtschaften. So sind Manager
zum Beispiel durch Medienpräsenz bei
Aktionärsversammlungen stark unter
Druck und immer in der Sorge, dass
Kapital abgezogen wird. Daher haben
es Unternehmen mit wenigen Entschei-
dungsträgern einfacher nach ethischen
Grundsätzen zu handeln als dies bei
Aktiengesellschaften der Fall ist.
Dabei glaubt Herr Truckenmüller, dass
ethische und wirtschaftliche Ziele nicht
immer miteinander vereinbart wer-
den können. Aus seiner Sicht wäre es
sinnvoll, wenn der Staat verstärkt Ein-
fluss nehmen würde, um das Wohl der
Bevölkerung stärker zu berücksichti-
gen und den Firmen Anreize zu geben,
selbstständig für ethische Werte einzu-
stehen und sich beispielsweise gegen
Korruption stark zu machen.
Der Trend, wirtschaftsethische Ziele
anzustreben, nimmt gerade durch die
Globalisierung und die damit verbun-
dene Unübersichtlichkeit der Vorgänge
und des Handels wohl in Zukunft noch
stärker zu, wobei versucht werden
sollte, die Probleme, die die Globalisie-
rung mit sich bringt in kleinen Schrit-
ten abzuarbeiten. Dabei sollte versucht
werden, dass möglichst keine Länder
aus der Globalisierung herausfallen,
um so auch ärmeren Ländern, beispiels-
weise in Afrika, die Chance zu ermög-
lichen, den Anschluss an die Industrie-
länder zu erlangen.
Konsumenten
bestimmen was auf dem
Markt erfolgreich ist und
produziert wird
Wie können wir nun als Verbraucher
in die Wirtschaft eingreifen und diese
beeinflussen? Wir als Konsumenten
bestimmen letztendlich, was auf dem
Markt erfolgreich ist und somit produ-
ziert wird. So können wir durch unser
Kaufverhalten auch die ethischen Werte
stärker vermitteln, indem wir durch
angepassten Konsum Unternehmen
unterstützen, die ethisch korrekt han-
deln. Dafür müssen wir uns aber selbst-
ständig und ausreichend über Waren
und Produktionsabläufe informieren.
Erschwert wird die Informationsgewin-
nung allerdings von der Unübersicht-
lichkeit der Produktion, der Produkti-
onsstätten und der Wege, die die Waren
zurücklegen, bis sie in den deutschen
Handel kommen.
Für ökologische
Unbedenklichkeit gibt
es keine einheitlichen
Standards
Hinzu kommt, dass Siegel oder Labels
den Herstellungsprozess in der Regel
nicht berücksichtigen, sondern nur die
Qualität des Endprodukts. Für ökolo-
gische Unbedenklichkeit gibt es eben-
falls keine einheitlichen Standards,
wodurch umweltverträgliches Produ-
zieren für den Verbraucher eindeutig
erkennbar wäre. Außerdem geht von
Scheinnamen wie „aus kontrolliertem
Anbau“ eine Täuschung aus, da diese
Bezeichnung keine wirkliche Aussage-
kraft hat.
Aber auch hierbei gilt, dass durch rich-
tiges Informieren und angepassten Kon-
sum auf die Industrie Einfluss genom-
men werden kann.
Felix Gummel, Kursstufe 1
Vertretbarkeit von ethischen
Werten in der Wirtschaft