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ganztagsschule „eigen-sinnig“gestalten!
DieMaximilian-Kolbe-Schulewurde 1970vonEltern inRottweil
als Freie Katholische Grund- und Hauptschule gegründet. Mit
dem Schuljahr 2008/09 wurde das schulische Angebot durch
die Einführung einer Ganztagsrealschule erweitert. Neben ei-
nem Halb- und Ganztagsangebot für die Kinder und Jugendli-
chen bietet die Schule im Rahmen des Ganztagsbetriebs auch
eineReihevonWeiterbildungsmöglichkeiten für Eltern an.
DieMaximilian-Kolbe-Schulebietet sowohl Ganztags- als
auchHalbtagszügean.WelcheErfahrungenhabenSiemit
diesenbeidenAngebotenbisher gemacht?
Inder Startphaseunserer gebundenenGanztagswerkrealschu-
lewar dieNachfragenoch sehr überschaubar undder Run auf
die Halbtagsschule groß. Doch schon nach dem zweiten Jahr
hat sich die Situation grundlegend geändert und wir hatten
Mühe, dieHalbtagsklasse zu füllen. Seit diesemSchuljahr star-
tenalle 5. Klassenals gebundeneGanztagsklassen.
Alsunsere
ElternundSchülermerkten, dassdie Elementeder Ganztags-
pädagogik die Schule sinnvoll ergänzen und sie davon profi-
tieren können, fand dasModell Akzeptanz.
Hilfreichwar das
klare Bekenntnis zur gebunden Form, das die verpflichtende
Teilnahme amMittagessen, der Mittagsfreizeit und der Ganz-
tagsangebote beinhaltet.
DieGewissheit, dass das schulische
Lernen um 16:00 Uhr abgeschlossen ist und nach der Schule
nochZeit für andereDingebleibt, ist für Familienwichtig.
Haben sichdurchdieEntwicklungderGanztagsschule – für
Grundschüler gibt eseinHortangebot – das Schulklimaund
dieSchulkultur verändert?
WennKinder und Jugendlicheüber dienormaleUnterrichtszeit
hinaus in der Schule sind und sich das Bildungsangebot auf
neue Bereiche ausdehnt, nimmt Schule im Leben der Schüler
natürlichmehrRaumein. Anfangswarenwir skeptisch, ob sich
auch ältere Schüler auf diese Schulform einlassen können. Die
Erfahrung hat gezeigt, dass
die intensive Zeit an der Schule,
das klassenübergreifende und jahrgangsübergreifende An-
gebot im Tagesheim das Beziehungsgeflecht innerhalb der
Schulgemeinschaft so stärkt,
dass dies auch über die schwie-
rige Zeit der Pubertät trägt und die Anbindung an die Schule
vertieft. Durch die Ganztagsstruktur gibt es wesentlich mehr
Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Selbstwirksamkeits-
erfahrung für unsere Schüler. Sie arbeiten überaus engagiert
im Tontechnikteam, Schulsanitätsdienst, Schülercafé, bei der
Pflege der Aquarien oder Bienenvölker mit. Sie können in
diesen Feldern Verantwortung übernehmen, was sie auch
leidenschaftlich gerne tun.
Das Verständnis füreinander hat
sich spürbar verändert, auch über die Schularten der Schule
hinweg.
Inder 9. KlasseabsolvierenunsereSchüler einSozial-
praktikum, zum Teil arbeiten sie dabei in der Ferienbetreuung
oder in AGsmit. Wenn diese Schüler über den Pausenhof ge-
hen und von unserenGrundschülern freudestrahlend empfan-
genwerden, hat dasStrahlkraft auf dieKlassenkameradenund
das Schulklima.
ImGanztagsbereich ist an Ihrer Schuledie„Elternbildung“
verortet.Was ist dasBesondereandiesemKonzept?
Die Beteiligung der Eltern am Schulalltag gehört bei uns
schon jeher zum Konzept. So waren es Eltern, die als Freies
Katholisches Schulwerk Rottweil e.V. die Schule gegründet
haben. Auch heute noch ist der Elternverein an grundlegen-
den Entscheidungen der Schule beteiligt. Um diese Partner-
schaft zu verstärken,
haben Trägerverein und Tagesheim die
MarkusMauch, Leiter Ganztagsbereichund
MichaelWiest, Schulleiter
Elternschule als familienunterstützendes Element initiiert
,
entwickelt und finanziell ausgestattet. Es gibt Informationen
und Diskussionen zu aktuellen Fragen der Erziehung. Wir ge-
ben Eltern Hilfestellungen für den Erziehungsalltag und ver-
suchenmit familienentlastenden Angeboten eine Erziehungs-
partnerschaft zu pflegen. Im „pädagogischen Forum“ haben
wir im vergangen Jahr in Kooperation mit der Fachschule für
Sozialpädagogik die speziellen Bedürfnisse von Jungen und
Mädchenerörtert. EinThemenabendbeschäftigt sichmit „reli-
giösenFragen“, diesichsehrnahamAlltagvonFamilienorien-
tieren. Inzwischen ist dieElternschuleein fester undvonEltern
geschätzter Bestandteil unserer Elternarbeit.
Einwichtiges Element in ihremGanztagskonzept ist der
„Raumder Stille“.Wie schaffenSiees, „Stille“ für Kinder
attraktiv zumachen?
Bevor wir etwas über unsere Oase der Stille berichten, müs-
sen wir das Wort „Stille“ für Kinder definieren. Kinder erfah-
ren die Stille anders als Erwachsene. Man kann immer wieder
beobachten, dass viele Kinder, wenn sie auf Stille angespro-
chen werden, das als Zeichen einer Ermahnung empfinden:
„Sei doch mal ruhig“! „Kannst du bitte einmal still sein“! So
wird Stille von Kindernmit Langeweile und Passivität verbun-
den. Kinder leben heute in einer Welt, in der es keinen Platz
mehr für Ruhe und Besinnung gibt. Sie bekommen so viele
Eindrücke, richten oft ihre ganzeAufmerksamkeit nach außen
undverlernen so, ihr Innereswahrzunehmen. UnsereOaseder
Stille ist einOrt der Stille, aber vor allemeinOrt des Zuhörens.
Die Kinder spüren Vertrauen und Geborgenheit und erfahren
einenOrt, andem sie ihreNöte, Ängste, Fragen, Geheimnisse,
Sorgen lassen können. Es gibt so Vieles, was die Kinder mit
sich tragen, und nicht alle Eindrücke und Erfahrungen können
manchmal richtigverarbeitetwerdenundwirkenunterbewusst
weiter. Aus diesemGrund sehenwir den Raum als Segen, ein
Ort, wo die Kinder alles lassen können undwo immer jemand
da ist, der sieernst nimmt undeinOhr für ihreAnliegenhat.
Es
isteingeschützterRaumundalles,washiergesprochenwird,
wirdnicht nachaußengetragen.
Jeder erlebt die Stille auf an-
dereWeiseundkanndabei durchverschiedeneMaterialenauf
seine persönlicheWeise zur Ruhe kommen. Meditationsmusik
läuft im Hintergrund, Kerzen und eine gestalteteMitte geben
dem Raum eine ruhige Atmosphäre. Als Zeichen, dass dieser
Raumeinbesonderer Raum ist, ziehenwir dieSchuheaus. Die
Kinder können inRuhe lesenodermalen. Siewerden sensibili-
siert, ruhigeMomente zu schätzen.
Wir glauben, dass wir mit dieser Oase
der Stilledie Seeleder Kinder erreichen
können. Es ist ein Raum der persönli-
chen Begegnung mit mir selbst, mei-
nemNächstenundmit Gott.
Ganztagsschule„eigen-sinnig“ gestalten!
Kathfresch
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2014
INTERVIEW
Maximilian-Kolbe-Schule inRottweil